Falsche Ferien
Das Wort "Staycation" ist Ihnen sicher schon mal begegnet. Es setzt sich aus "stay", also "bleiben", und "vacation" für Urlaub zusammen und bedeutet einfach: Ferien zu Hause. Damit ist nicht unbedingt Balkonien gemeint, eher ein Reiseziel in der Heimat. Für die Briten also alles von Land´s End bis Cape Wrath, wenn wir uns mal auf die Süd-Nord-Richtung und die Hauptinsel beschränken.
Etwas völlig anderes ist die "Fakecation", die seit einiger Zeit durchs Internet und auch Printmedien geistert: eine erfundene Urlaubsreise zwecks Selbstdarstellung. Laut einem Bericht der Zeitung "Daily Mail" haben sich 41 Prozent der Briten einen solchen kleinen Schwindel schon mal erlaubt, vor allem gegenüber dem jeweils anderen Geschlecht, und von Orten erzählt, an denen sie gar nicht waren. Das erscheint einigermaßen unbritisch, aber wer weiß ... Auftraggeber der Studie war übrigens ein Ferienanbieter, der naturgemäß kein großes Interesse an Fakecations hat und dem vielleicht daran gelegen ist, davor zu warnen. Es kann ja auch wirklich peinlich werden, wenn man bei einer solchen – sagen wir mal – Übertreibung erwischt wird. Vor allem dann, wenn es nicht bei einer bloßen Erwähnung der Reise geblieben ist, sondern der Delinquent auch noch aus dem Internet geborgte Fotos gepostet hat, was angeblich auf 22 Prozent der befragten Aufschneider zutrifft.
Generell ist es sehr schwierig, Schwindeleien durchzuhalten, wenn man kein brillantes Gedächtnis hat und zum Rotwerden und Sich-Verhaspeln neigt. Also lässt man es besser, zumal Menschen ja mit Freundlichkeit oder echtem Interesse mehr zu beeindrucken sind als mit großen Sprüchen oder großen Taten – eine Erkenntnis, die manchen Leuten aber verschlossen bleibt.
Nachtrag: "Vacation" an sich ist ein eher amerikanischer Begriff, die Briten sprechen immer noch von "holidays". Dazu würden uns auch einige Varianten einfallen: "jollydays" zum Beispiel für richtig gelungene Ferien oder "follydays" für besonders ausgefallene Domizile. Was wir Ihnen aber auf keinen Fall wünschen, sind "brollydays". Denn "brolly" ist ein Kosewort für "umbrella" – Regenschirm.
Sprachecke: "Ginger" und seine Wurzeln
Dass die Briten exotische Gewürze und Gewächse eher kannten als mancher Kontinentaleuropäer, hat mit ihrer Geschichte und der Kolonialzeit zu tun. So gehört der Ingwer seit Jahrzehnten zur englischen Küche – wenn nicht schon seit Jahrhunderten. In Pulverform war und ist er eine Standardzutat der Festtagsbäckerei, sei es zu Weihnachten, zu Ostern oder mal so zwischendurch ("Ginger nuts" zum Beispiel, Ingwerkekse, sind ganzjährig beliebt). Oder er wird in Zuckersirup eingelegt und ins Chutney integriert. Heute ist er, wie bei uns, auch frisch in jedem Supermarkt zu haben.
Ingwer heißt auf Englisch "ginger", beide G werden dabei wie "dsch" gesprochen. Das Wort soll aus dem Sanskrit stammen, aber diese Interpretation wird oft angezweifelt. Die Römer, die ja schon fast alles kannten und wussten und importierten, nannten die Wurzel "ingiber".
"Ginger" hat noch eine weitere Bedeutung – rothaarig. Wieso, sei dahingestellt, da Ingwer ja von außen langweilig beige und von innen eher gelb ist als rot; allerdings schimmert der eingelegte "stem ginger" rotgolden. Wie wir immer wieder lesen, ist es auf den Britischen Inseln aber nicht unbedingt eine Freude, "ginger" zu sein, denn angeblich werden rothaarige Kinder dort mehr gehänselt als anderswo, was an altem Aberglauben liegen soll. Die drei rothaarigen Britinnen und Briten, die wir näher kennen, bestätigen das allerdings nicht, also handelt es sich vielleicht um einen Mythos. Auch Prince Harry hat sich noch nie öffentlich darüber beschwert. Wir sagen: Rotes Haar ist nicht nur die seltenste aller Farben, sondern auch besonders schön und facettenreich! Die meisten Rothaarigen weltweit, prozentual gesehen, sollen übrigens in Schottland leben, während Irland anders, als man erwarten würde, nur auf den zweiten Platz kommt. Offiziell ist jemand, der rote Haare hat, natürlich nicht "ginger", sondern "a redhead" oder hat einfach "red hair". Ist die Haarpracht rötlich-blond, so sagt man – eine weitere Pflanze bemühend – "strawberry blond", erdbeerblond.
"Ginger" ist auch ein beliebter Name für rote Katzen und in Amerika, wo ja bei Vornamen grundsätzlich alles geht, für Mädchen und Frauen. Wir sagen nur Ginger Rogers.
Falls Ihnen aber das Wort "gingerly" begegnet, dann denken Sie bitte nicht an Haarfarben. Es hat eine andere Wurzel und auch eine ganz andere Bedeutung: übervorsichtig, zurückhaltend: "She gingerly stepped into the room", "he gingerly picked up the baby". Ursprünglich hieß "gingerly" allerdings "anmutig, elegant", und hier liegt auch der Wortstamm: "gens", was Latein ist und in diesem Fall "gute Familie" heißt. Der Gentleman und "genteel", vornehm, haben hier ebenfalls ihren Ursprung. Dass nun gerade Leute, die "ginger" sind, besonders "gingerly" agieren, liegt also nicht auf der Hand – im Gegenteil gelten Rothaarige ja als temperamentvoll. Aber das ist wohl auch nur ein Klischee wie alle anderen.
Zurück zum Ingwer – den gibt es auch zum Trinken in Form von Ginger Wine, der einen Stammplatz im Sortiment von THE BRITISH SHOP hat, sowie Ginger Ale und Ginger Beer. Ginger Ale ist einfach eine Mischung aus aufgesprudeltem Wasser und Ingwerextrakt sowie Zucker, also eine Art Ingwerlimonade, während Ginger Beer einen Fermentierungsprozess durchlaufen muss. Anders als seine historischen Vorläufer, die früher in England oft zu Hause gebraut wurden, ist es aber genau wie Ginger Ale heute alkoholfrei. Gin hat mit "ginger" nichts zu tun, sondern leiht seinen Namen vom Genever, der nach der Zutat Wacholder (niederländisch: "jeneverbes") benannt ist.
Rezept des Monats: Cremige Suppe mit Ingwer
Da wir nun so viel über "ginger" gesprochen haben, brauchen Sie auch das passende Rezept. Ingwer passt ja in süße wie in salzige Gerichte, ist gut für den Magen und hilft als Tee auch noch gegen Erkältungen. Als Pulver oder noch besser frisch gerieben schmeckt er wunderbar im Apfelkuchen oder in einer Crumble-Streuseldecke. Sehr gut verträgt sich Ingwer auch mit Fleisch, zum Beispiel mit Rind oder Huhn, vor allem in Ragouts (und in Currygerichten sowieso). Wir empfehlen diese cremige Suppe, ein richtiger "winter warmer" und perfekt nach einem langen Spaziergang. Hauptzutat ist Süßkartoffel, die mindestens so gut mit Ingwer harmoniert wie die Standardpartner Karotte oder Kürbis. Also, waschen und schälen Sie zwei große Süßkartoffeln und schneiden Sie in kleine Würfel. Zwei Schalotten ebenfalls würfeln, in einem Topf einen großzügigen Esslöffel Butter schmelzen und die Zwiebelwürfelchen darin anschwitzen. Ein nicht zu kleines Stück Ingwer reiben oder ganz fein hacken – Sie brauchen etwa anderthalb Esslöffel. Zur Zwiebel geben und mitdünsten. Nun die Süßkartoffelwürfel zugeben, andünsten, dann mit einem Liter Gemüsebrühe aufgießen und gar köcheln lassen. Das dauert etwa 20 Minuten. Mit dem Pürierstab oder in der Küchenmaschine fein pürieren. Salzen und pfeffern, 100 Milliliter flüssige Sahne zugeben, abschmecken. Ein bisschen Zucker passt gut hinein, ebenso ein Hauch Curry. Ist die Suppe zu dickflüssig, etwas Milch zugießen, alles noch einmal erwärmen und servieren. Wenn Sie fertige Gemüsechips bekommen, streuen Sie einige oben auf die Suppe, oder Sie nehmen frischen Koriander oder einfach Petersilie.