Festliche Werbefilmhits
Nun ist in Großbritannien wieder die Saison der "Christmas Adverts", der festlichen Fernsehspots diverser Warenhäuser, Supermärkte und anderer Firmen. Die Premieren dieser Werbefilme sind jedes Jahr im November sehnsüchtig erwartete Ereignisse, und ist es dann soweit, wird bewertet und rezensiert wie bei Kinoknüllern. So ganz kann man das hierzulande nicht nachvollziehen, wenn auch inzwischen bei uns Ähnliches versucht wird, wir sagen nur Edeka-Opa.
In der Königsklasse spielt drüben stets das Warenhaus John Lewis, das letztes Jahr mit seiner – wirklich sehr gelungenen – Zeitreise durch das Leben von Elton John einen Riesenerfolg landete. Und dieses Jahr? Bei Redaktionsschluss war das Video noch nicht veröffentlicht, es kursierten aber bereits die ersten Fälschungen im Internet. Ist das zu glauben?
Der typische festliche Fernsehspot meidet direkte Produktwerbung, sondern erzählt eine Geschichte. Sie kann rührend sein oder lustig oder beides. Beliebt sind Animationsfilmchen, so wirbt Aldi – in Großbritannien sehr präsent – seit Jahren mit Kevin the Carrot. Der diesjährige Spot lässt die mutige Möhre gegen die "Leafy Blinders" antreten, fiese Rosenkohlköpfchen, deren Name sich unschwer erkennbar an die Fernsehserie "Peaky Blinders" anlehnt. Und dann stimmt Kevin einen Song von Robbie Williams an. Ein eigentümliches Stilgemisch, wenn Sie uns fragen, denn die kleinen Zuschauer, die Freude an animierten Karotten haben, kennen hoffentlich nicht die ziemlich brutalen "Peaky Blinders". Darauf wetten würden wir aber nicht.
Andere Firmen kooperieren mit Disney oder lassen Stars wie Mariah Carey auftreten, die in einem selbstironischen Spot mit einem jungen Mann um eine Tüte Chips kämpft. Inzwischen veröffentlichen einige Supermärkte nicht ein einzelnes Video, sondern nacheinander eine ganze Kollektion. Die Qualität schwankt stark, manches ist wirklich gut gemacht, anderes so süßlich, dass man vom Zuschauen einen Zuckerschock kriegt. Im Grunde ist dies eine Form von Alltagskunst und eine Fortsetzung des Wettstreits um das schönste Weihnachtsschaufenster mit anderen Mitteln.
Neugierig? Die Zeitschrift House Beautiful veröffentlich auch diesmal wieder alle aktuellen Spots auf ihrer Internetseite:
www.housebeautiful.com/uk/christmas-adverts-round-up
Sprachecke: Hello again!
"How do you do?" – so begrüßen sich die Briten. Angeblich. Denn diese rhetorische Frage, deren korrekte Beantwortung ebenfalls "how do you do?" heißt (und nicht etwa: "I´ve got a headache" oder Ähnliches), ist heute entgegen allen Behauptungen Ihres alten Englischschulbuchs eher ungebräuchlich. Die meisten Menschen sagen schlicht "hello", ein Wörtchen, das überall auf der Welt verstanden wird. Es tauchte Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals in der Schriftsprache auf und etablierte sich als gängiger Gruß am neuen Medium Telefon, obwohl Edison höchstselbst, so die Legende, lieber "ahoy" gehabt hätte. Sowas!
Hello kann man auch so schreiben: "hallo". Oder (zumindest theoretisch) sogar "hullo", gesprochen mit einem A-Laut oder, wenn Sie im Norden Englands unterwegs sind, mit U-Laut. "Hullo" war bis in die 1950er Jahre in Großbritannien üblicher als "hello" und findet sich noch in vielen alten Romanen, etwa bei "Jeeves and Wooster" oder auch in den Enid-Blyton-Kinderbüchern. Aus dem Alltag ist es fast verschwunden. Ob "hello" und seine Varianten tatsächlich, wie einige Etymologiebücher behaupten, von "to holler", also rufen, kommt oder eine Verbalhornung des deutschen Verbs "holen" und vor allem des Ausdrucks "hol über" ist, mit dem man früher den Fährmann herbeizuzitieren pflegte, ist ungeklärt. Ehrlich gesagt scheint uns die letzte Erklärung etwas an den Haaren herbeigezogen.
Wenn Ihnen "hello" oder gar "hi!" zu formlos sind, was sagen Sie dann zur Begrüßung? Je nach Tageszeit "good morning", "good afternoon" oder "good evening", die gehen immer. "Good day" dagegen klingt in den Ohren der Briten eher nach einem beleidigten Abgang im Stil von "Guten Tag, meine Herren!", bevor man die Tür hinter sich zuschlägt. Ausnahme: Sie sind in Australien. Dort ist "good day", gesprochen inetwa "g´dei", die gängige Grußformel.
Lernen Sie jemanden kennen, so ist "nice to meet you" einerseits eine nette Formulierung, andererseits gilt es als gewöhnlich. Fragen Sie uns nicht nach dem Grund, er liegt in den Geheimnissen des britischen bzw. englischen Klassensystems. Als Ausländer müssen wir das natürlich nicht mitmachen, könnten aber trotzdem sagen "it´s good to meet you". Damit sind wir auf der sicheren Seite! Beim ersten Kennenlernen gibt man sich übrigens auch in Großbritannien die Hand. Küsschen werden immer üblicher, aber dazu muss man sich dann schon etwas besser kennen. Ein höflicher Luftkuss wird, was wir inzwischen sogar in Büchern lesen, von diesem Geräusch begleitet: "mwah, mwah".
Zum Schluss noch ein paar Grußformeln, die Sie vermutlich niemals selbst gebrauchen werden, aber vielleicht kennen sollten: "wotcha" – sehr informell, nur den Briten, aber nicht den Amerikanern verständlich und wahrscheinlich ein Verschmelzen von "what are you doing?". "Yo!", gängig unter superlässigen Jungs und Rappern. "What´s up?", das Gegenstück zu "was geht, Alter?". Und last not least "how´s it goin´?"
Rezept des Monats: Salat mit Esskastanien
Die Esskastanie ist köstlich, aber wehrhaft: Erst versteckt sie sich in einem stacheligen Igel-Panzer, dann noch unter einer elastischen Schale, die sich – zumindest im rohen Zustand – kaum knacken lässt. Hat man das doch geschafft, wartet darunter eine dünne braune und sehr anhängliche Haut, die so schwer abzukriegen ist wie die weiße Schicht auf der Orange und, bleibt sie drauf, genau wie jene den Geschmack beeinträchtigt. Wer diese kleinen Schätze der Natur, die botanisch gesehen Nüsse sind, genießen möchte, braucht also Zeit, Geduld und Liebe oder einen Supermarkt, der fertig geschälte und gegarte Kastanien verkauft ... je nach Laune und Muße können Sie ja die eine oder die andere Variante wählen. Wollen Sie selbst Hand anlegen, so schneiden Sie zunächst ein Kreuz in die Schale und lassen die Kastanien bei 200 Grad eine halbe Stunde im Ofen rösten. Herausnehmen und mit einem Küchentuch bedecken, damit sie nicht ganz abkühlen – wenn sie frieren, wird ihre Schale aus Trotz wieder hartnäckiger. Sobald die Temperatur der Kastanien so ist, dass Sie sie anfassen können, ziehen Sie die Schale mit den Fingern ab und versuchen, die untere Schicht gleich mitzunehmen. Klappt das nicht, hilft es, die Kerlchen mit einem Küchentuch kräftig zu reiben. Oder Sie machen halt die Packung auf.
Was dann? Frisch geröstete Kastanien schmecken köstlich einfach so mit etwas Butter und Salz, die fertige Variante kommt da nicht ganz mit. Man kann sie aber mit etwas Butter in einer Pfanne anrösten, das bringt ihren Geschmack wieder mehr zur Geltung. Wie andere Nüsse schmecken Kastanien wunderbar zu Fleisch, vor allem zu Wild; Sie können sie einfach in die Bratensauce krümeln. Eine Kürbissuppe, Selleriesuppe oder Pastinakensuppe gewinnt ungemein, wenn Sie Esskastanien hinzufügen. Die Briten mögen "chestnuts" auch in der Truthahnfüllung zu Weihnachten, gemixt mit Brotkrumen, Wurstbrät, Zwiebeln und Salbei. Wir empfehlen Ihnen heute aber einen herbst- bis winterlichen Salat: Einen halben Kopf Endiviensalat und einen kleinen Radicchio waschen, in handliche Blätter teilen und trockenschleudern. Auf vier Schälchen oder kleinen Tellern verteilen. Fürs Dressing einen Esslöffel körnigen Senf mit einem Esslöffel Orangenmarmelade und Salz verrühren, mit drei Esslöffel Orangensaft, einem Esslöffel Walnuss- und drei Esslöffel Olivenöl verschlagen. Wird das Dressing sehr dickflüssig, können Sie ruhig ein kleines bisschen Wasser hinzufügen. Über den Salat verteilen und mischen, was grundsätzlich am besten mit den Händen geht. Großzügig mit fertig gerösteten und geschälten Esskastanien, die Sie halbiert oder geviertelt haben, bestreuen. Sie sollten nach Möglichkeit noch warm sein. Stilton oder einen anderen Edelschimmelkäse nach Geschmack darüberkrümeln. Mit Nussbrot servieren.
PS. Die nicht essbare Kastanie heißt auf Englisch offiziell "horse chestnut", also Pferdekastanie, und inoffiziell "conker".