Gartentrends aus GB
Wer sich mit Gartengeschichte befasst, weiß: Jede Zeit bringt eigene Vorstellungen hervor, wie eine schöne Grünanlage auszusehen hat – in der Renaissance waren symmetrische, mit Hecken abgezirkelte Ziergärten der letzte Schrei, ehe der englische Landschaftsgarten das genaue Gegenteil propagierte, nämlich eine nur auf den zweiten Blick gezähmte Natur. Und heute? Auch wenn man sicher nicht jeder kurzlebigen Mode aufsitzen möchte, interessiert Sie vielleicht der Überblick, den die größte britische Gartencenter-Kette Wyevale für den Privatgarten 2019 erstellt hat.
Trend 1: Vorgärten rücken in den Fokus. Für uns nichts Neues, in Großbritannien aber ist der Vorgarten bisher nicht unbedingt der Star der Show, sondern eher schlicht, oft nur Rasen oder eine Kiesfläche; eine Ausnahme sind die ländlichen Gärten mit Blütenpracht vorm Cottage. Reihenhäuschen in Dörfern und Städten haben häufig vorne gar kein Grundstück, man fällt sozusagen vom Bürgersteig mit der Tür ins Haus. Nun soll die beachtliche kreative Energie der Hobbygärtner auch in die Vorderseite des Domizils investiert werden, und wo kein Grundstück ist, bringen Pflanzcontainer rechts und links der Tür, hängende Blumenkörbe und Ranken Natur ins Spiel.
Trend 2: Gartentherapie und Wellness. Dass Gartenarbeit gut für die Seele ist, wussten wir schon. Aber überfordern soll sie uns auch nicht, deshalb liegen kleinere überschaubare Projekte vorn in der Gunst der Hobbygärtner. Selbst angebautes Gemüse und duftende Kräuter tun Körper und Seele gut. Ein wichtiges Ziel ist es, Kinder an Gärtnern heranzuführen – und das geht am besten mit einem eigenen Gemüsebeet. Nebenbei lernen sie Geduld, siehe oben ...
Trend 3: Umweltfreundliches Gärtnern. Damit ist auch gemeint, Bienen und Insekten und anderen Lebewesen etwas Gutes zu tun, Insektenhotels bereitzuhalten, im Herbst das Laub für die Igel liegen zu lassen und Pflanzen zu wählen, die natürliches Vogelfutter in Form von Beeren hervorbringen. Außerdem sind einheimische Pflanzen gefragter als Exoten.
Trend 4: Design auch draußen. Immer mehr Briten geben sich Mühe, ihre Gärten rund ums Jahr gut aussehen zu lassen – nicht zuletzt deshalb, weil das "Posten" von Gartenbildern sehr beliebt ist bei Jüngeren. Manche Gärten sind richtig durchkomponiert oder stehen unter einem Motto.
Ob das jetzt alles so neu ist, sei mal dahingestellt. Ganz klar aber gilt: Wer gärtnert, ist glücklicher!
Sprachecke: Gaslichtern
Ein merkwürdiges Wort macht derzeit die Runde: "gaslighting". Zuerst haben wir es in britischen Medien gelesen, zuletzt aber auch in einem Blog auf ntv. Das "Gaslichtern", so würde die deutsche Übersetzung lauten, meint: das Manipulieren eines Menschen mit dem Ziel, ihm den Schneid abzukaufen, ihn klein zu machen und in Selbstzweifel zu stürzen. Nichts Nettes also.
Der Bezug zum Gaslicht, das es ja nun schon seit Ewigkeiten nicht mehr gibt, ist ein literarischer: "Gaslight" lautet der Titel eines sehr erfolgreichen Theaterstücks, 1938 veröffentlicht vom britischen Dramatiker Patrick Hamilton. Es ist mehrfach verfilmt worden. Die bekannteste Version ist die von George Cukor aus dem Jahre 1944, die Sie unter dem Titel "Das Haus der Lady Alquist" bestimmt schon mal im Fernsehen gesehen haben. Ingrid Bergmann hat für die Hauptrolle einen Oscar bekommen.
Die Handlung spielt Ende des 19. Jahrhunderts, als Gaslicht noch die Regel war. Eine Frau glaubt verrückt zu werden, denn sie hört immer wieder Schritte auf dem Dachboden, während sich zeitgleich das Haus verdunkelt, was umso übler ist, als dort schon einmal jemand ermordet wurde. Der liebende Gatte bestärkt sie darin, das sei alles Einbildung. Dabei trampelt er selbst da oben herum und lässt das Licht ermatten mit dem Ziel, seine Frau in den Wahnsinn zu treiben. Da es früher undenkbar war, dass ein Schurke auf der Bühne oder im Film davonkommt oder ein Verbrechen ungesühnt bleibt, wendet sich alles zum Guten. Heute sähe das möglicherweise anders aus.
Übrigens war "gaslighting" letztes Jahr Kandidat für das von den Oxford Dictionaries gekürte "Word of the Year". Gewählt wurde dann aber doch "toxic", womit nicht nur "giftig" im Wortsinn gemeint war, eher ein vergiftetes gesellschaftliches Miteinander. Wollen wir mal hoffen, dass dieses Jahr Anlass besteht, etwas freundlichere Kandidaten auszuwählen.
Rezept des Monats: Sausage Rolls
Die "sausage roll" ist ein rustikales, gleichwohl klassisches Gericht, das in Großbritannien auf dem Partybuffet, beim Picknick und bei Straßenfesten nicht fehlen darf. Jeder Bäcker und jeder Supermarkt verkauft irgendeine Form dieser Knusperrollen mit Fleischfüllung, wobei die Qualität sehr variieren kann. Am besten macht man sie selbst. Da britische "sausages" anders schmecken als unsere, haben wir nach langem Experimentieren mit diversen Sorten Bratwurst entschieden: Mit nicht zu fettem Mett wird es am leckersten, und wir können die typischen Gewürze wie Thymian und Salbei selbst hinzufügen. Los geht`s: 300 Gramm Blätterteig (aus dem Kühlregal oder TK und aufgetaut) ausrollen und längs halbieren, so dass zwei Streifen entstehen. Eine Scheibe Toast oder ein kleines Brötchen in Wasser einweichen. Eine kleine Zwiebel schälen und fein hacken. Ein Zweiglein Thymian fein hacken, ebenso drei Salbeiblätter (notfalls können Sie auch getrocknete Kräuter nehmen, dann aber vorsichtiger dosieren). Das Brot ausdrücken, mit der Zwiebel, den Kräutern und einem kleinen Ei unter das Mett kneten. Mit Pfeffer und eventuell Salz abschmecken (wer das rohe Fleisch nicht essen will, kann ein Klößchen in einer beschichteten Pfanne braten und dann probieren). Die Masse zu zwei Rollen formen und jeweils auf die Teigstreifen legen, so dass sie auf einer Seite näher am Rand sind als auf der anderen. Die Ränder des Teigs mit etwas verquirltem Eigelb bestreichen, das breitere Teigstück überschlagen und den Rand festdrücken. Nun in zwei bis drei Zentimeter breite Stücke schneiden. Jede Sausage Roll bekommt noch zwei Einschnitte an der Oberfläche, damit der Dampf entweichen kann, und wird mit etwas Eigelb bestrichen. Bei 190 Grad (vorgeheizt) eine Viertelstunde backen. Die pikanten Teilchen schmecken frisch aus dem Ofen genauso wie lauwarm oder auch kalt und werden mit etwas Worcestershiresauce aus der Hand gegessen. Bei Jamie Oliver gibt es auch ein Rezept für fleischlose Sausage Rolls, was einerseits ein Widerspruch an sich ist, andererseits sehr nützlich sein kann heutzutage. Statt Fleisch nimmt er eine Pilzfüllung:
www.jamieoliver.com/recipes/vegetables-recipes/vegan-mushroom-rolls/