Prince Charles wird 70
Ein Bekannter erzählt gern folgende Anekdote: Bei einer Betriebsbesichtigung, an der er teilnahm, lernte die Gruppe den Juniorchef des Unternehmens kennen. Der Juniorchef war 74 Jahre alt. Seine 96-jährige Mutter führte die Firma seit Jahrzehnten und war zu fit und rüstig, um ihr Lebenswerk abzugeben.
In einer ähnlichen Lage ist Prince Charles, nur ist er kein "Kronpinz" im übertragenen Sinne, sondern ein echter. Am 14. November feiert er seinen 70. Geburtstag. Seine Mummy trägt weiterhin die Krone und wird dies auch tun, solange es geht. Nicht, weil sie ihrem Ältesten die Aufgabe nicht zutraut oder ihm eins auswischen will, nein, sondern deshalb, weil sie es als ihre von Gott gegebene Pflicht betrachtet. Abdanken ist für sie keine Option, solange sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Und das ist eine zu respektierende Entscheidung.
Wie Charles es sieht, wissen außer ihm selbst höchstens seine engsten Vertrauten. Jedenfalls macht er das Beste aus der Situation. Denn er ist keineswegs die Witzfigur, als die er früher öfter karikiert wurde – als es noch als Spinnerei galt, sich mit Umweltschutz zu beschäftigen. Prince Charles ist Vorsitzender von zahlreichen wohltätigen Organisation, die benachteiligte junge Leute unterstützen, Kunst und Kultur fördern, sich für nachhaltige Landwirtschaft und die Stärkung des ländlichen Raumes einsetzen und vieles mehr. Zu seinen Interessen gehören auch Architektur, Literatur, Sport ... Charles hat mehrere Bücher geschrieben und malt auch ziemlich gut. Bekannt ist er für seinen typisch englischen Humor, gern auf eigene Kosten.
Wir wollen jetzt nicht seine Biografie herunterleiern, nur eins noch erwähnen: Nach dem Scheitern der ersten Ehe, die zumindest auf seiner Seite wohl eher aus Vernunftgründen geschlossen worden war, hat Charles mit seiner Jugendliebe Camilla offenbar ein solides Glück gefunden und freut sich an seinen Kindern und den drei Enkelkindern; Nummer vier ist ja unterwegs. Gesund ist er auch, und ob er wirklich mal Charles III. wird oder die Krone dann direkt an seinen ältesten Sohn weiterreicht, das warten wir einfach mal ab. Happy Birthday!
Für den Fall, dass sich Charles je bei Ihnen zum Besuch anmelden sollte, verraten wir Ihnen noch Folgendes: Er trinkt gern Darjeeling mit Honig und Milch, isst aber niemals zu Mittag. Das haben wir seiner offiziellen Webseite entnommen. Jetzt sind Sie gewappnet!
Wandmalereien
Wenn wir jetzt, wie schon erwähnt, mehr zu Hause sind, dann schauen wir uns doch mal unsere Wände näher an. Müssten die gestrichen werden? Und wenn ja, in welcher Farbe? Der Zeitgeschmack wechselt, und was einst als Gipfel der Wohnkultur galt – die weiße Raufaser, damals noch Rauhfaser geschrieben – ist heute total out. Sonnengelb, gerade im Winter tröstlich, leider auch. Falls Sie aber Ihre Siebziger-Jahre-Tapete mit braunen und orangefarbenen Kreisen einfach an der Wand gelassen haben, dann sind Sie jetzt fein raus. Retro!
Was Wandfarben angeht, ist man im Vereinigten Königreich um einiges mutiger als bei uns, wo ja derzeit Mausgrau, Taupe und Beige dominieren. Momentan sehen wir in Magazinen wie "Country Living" und Co., die wirklich immer ganz tolle und beneidenswerte Einrichtungen zeigen, dunkles Blau, Petrol und sattes Rot an den Wänden, oder auch samtiges Grün und sogar Kardinalslila. Und viele, viele gemusterte Tapeten, die drüben allerdings nie wirklich aus der Mode waren (genauso wenig wie Teppichboden). Erstaunlicherweise sehen die dunklen Farben gar nicht trist und duster aus, nicht mal in kleinen Räumen, sondern auf stilvolle Art behaglich, vor allem, wenn etwas Stuck für Kontrast sorgt. Oder eine dieser halbhohen Holztäfelungen, das sogenannte "panelling". Und ein antiker Kamin ...
Die Briten haben einfach ein Händchen für Farbgestaltung, was man in den großen Schlössern genauso sehen kann wie in schlichten Reihenhäuschen. Viele traditionsreiche Farbhersteller haben ihren Sitz im Königreich, manche sind schon seit dem 18. Jahrhundert im Geschäft. Einer der bekanntesten, Farrow & Ball, wurde allerdings erst in der Nachkriegszeit gegründet. Hier genießt nicht nur die üppige Farbpalette einen gewissen Ruhm, sondern auch die Fantasie bei der Benennung der Töne. Da gibt es "Rectory Red", Pfarrhausrot, "Mole´s Breath", Maulwurfsatem, "Mouse Back", Mauserücken, "Borrowed Light", geborgtes Licht, und "Green Smoke". Das hört sich so gut an, wie es aussieht.
Sollte Ihnen aber der Sinn nicht nach Renovieren stehen oder haben Sie es vorübergehend aufgegeben, einen Handwerker anlocken zu wollen (die nächsten freien Termine sind am St. Nimmerleinstag), dann steht es Ihnen ja immer frei, Ihre Innendekoration als "klassisch" zu bezeichnen. Ist sie in die Jahre gekommen, hilft auch ein Hinweis auf "shabby chic". Das hält dann wieder ein paar Jahre!
Sprachecke: Fallgeschichten
In Großbritannien heißt der Herbst "autumn", in Amerika "fall". Aber gerade dieser Tage haben wir in England einige Anzeigen für die neue Herbstmode gesehen, die mit "fall fashions" überschrieben waren. Das gleicht sich also an. Oder es liegt an der Alliteration, den beiden F am Anfang, einem in der Werbung ja ohnehin beliebten Sprachbild.
Autumn ist lateinischen Ursprungs, wurde aber auf den Britischen Inseln erst im 16. Jahrhundert gebräuchlich. Vorher hieß diese Saison einfach "harvest", also "Ernte". Dass der "fall" etwas mit fallenden Blättern zu tun hat, klingt plausibel, aber letztlich bleibt der Zusammenhang ungeklärt.
Das englische Wort "fall", um dabei zu bleiben, hat einige Bedeutungen, allen voran natürlich den Fall im Sinne von Sturz. Im Englischen fällt man aber nicht nur herunter, sondern, viel erfreulicher, auch "in Liebe". Aus der Liebe kann man dann leider wieder herausfallen, "they fell out of love", aber das ist seltener. Jedenfalls sprachlich gesehen.
Man muss kein Liebespaar sein, um im Englischen mit jemandem "auszufallen", also sich zu verkrachen: "I fell out with my friend." Bei uns wird man in solchen Fällen vielleicht ausfallend ...
Gebräuchliche Wortkombinationen sind "pitfall", abgeleitet von einer in den Boden gegrabenen Tierfalle – wir sagen "Fallstrick". Ein "windfall" ist viel besser, das Wort bedeutet erstens Fallobst, zweitens etwas Gutes, dass einem unerwartet in den Schoß gefallen ist – eine Erbschaft etwa. Im Englischen fallen auch die Nacht oder die Dämmerung (dusk is falling), und der Regen fall natürlich sowie.
Zweierlei Bedeutung hat die Formulierung "to fall back": entweder – etwa bei einer Wanderung – hinter den anderen "zurückbleiben". Oder, kombiniert mit einem Objekt, auf etwas zurückkommen oder -greifen, zum Beispiel auf einen Plan oder eine Reserve.
Ob auch "infallable" in diese Familie gehört, darüber kann man streiten. Es bedeutet "unfehlbar" und kommt vielleicht von "fail", irren oder versagen, oder tatsächlich von "fall" in der übertragenen Bedeutung "straucheln". Leider zählen wir nicht zu den Unfehlbaren, wenn es um Sprache geht, deshalb müssen wir das offenlassen. Please don´t fall out with us!
Rezept des Monats: Quittenkompott
2018 war kein Beerenjahr, zu trocken und zu heiß. Aber es war ein Quittenjahr (und ein Apfeljahr und ein Birnenjahr und ein Traubenjahr ...). Die letzten sattgelben Früchte hängen noch immer an den Bäumen, und wenn Sie welche kriegen können, dann sollten Sie zugreifen. Wie bei uns ist die Quitte, "quince" genannt, in Großbritannien manchen Menschen völlig fremd, obwohl sie seit dem 13. Jahrhundert dort heimisch ist. Die ersten Quittenbäume wurden am Tower in London gepflanzt.
Quitten sind schön anzuschauen und duften betörend, machen aber leider etwas Arbeit. Roh sind sie sauer und hart, in gegartem Zustand ein Gedicht. Und so vielseitig: Man kann Gelee, Chutney und Quittenbrot daraus machen (in Großbritannien liebt man letzteres, "quince paste", zu Käse), Kuchen damit backen, Fleischragouts damit bereichern oder unser Quittenkompott probieren. Und das geht so: Fünf bis sechs Quitten waschen, schälen, vierteln, entkernen und in Stücke schneiden. Uff! Inzwischen 300 Milliliter Wasser mit 200 Gramm braunem Zucker (weißer geht auch) aufkochen. Zwei Zimstangen, drei Nelken und einen Schuss Brandy zugeben, ein paar Minuten köcheln lassen. Die Quitten in den Sud geben und in etwa 20 Minuten garen, bis sie weich sind, aber noch nicht zerfallen. So behalten sie ihren Biss und ihr besonderes Aroma. Dazu passen prima Vanillepudding und Sahne oder auch Eis.